BuddhaWeg-Sangha

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Fragen und Antworten

 

BUDDHA-NATUR

 

Könnte man die Buddha-Natur auch als Gott bezeichnen?

Das hängt davon ab, was man unter Gott versteht. Jeder hat seine eigene Konzeption von dem ‚Gott’. Im Allgemeinen denken die Menschen, die an Gott glauben, dass Gott ein perfektes Wesen ist, für sie ist Gott ein Ideal. Für die Buddhisten ist die Buddha-Natur ein Ideal. Alle Buddhisten möchten die Buddha-Natur verwirklichen. Jetzt hängt es davon ab, was man in die Begriffe ‚Buddha-Natur’ oder ‚Gott’ hineinlegt. Von der Praxis des Soto-Zen aus gesehen ist die Buddha-Natur die wechselseitige Abhängigkeit aller Wesen, die Tatsache, dass alle Existenzen in Einheit und gegenseitig voneinander abhängig sind. Alle Wesen sind die Buddha-Natur. Anscheinend ist jeder verschieden, aber im Grunde sind wir alle miteinander verbunden und existieren in völliger wechselseitiger Abhängigkeit, das heißt jenseits von unserem kleinen Ego. Wenn man nun in Harmonie mit seiner Buddha-Natur leben möchte, folgt daraus, dass man aufhören sollte, ichbezogen zu sein, und sich zur Einheit mit allen Wesen öffnen sollte. Man kann auch sagen, die Buddha-Natur ist Beziehung, Verbundenheit. Es geht darum, den grundlegenden religiösen Geist zu realisieren.

Wenn du an Gott glaubst, hängt es davon ab, was dieser Glaube in dir hervorruft. Woran denkst du, wenn du von Gott sprichst? Selbst Gläubige der gleichen Religion haben andere Bilder, wenn man sie nach Gott fragt. Wenn Christen gefragt werden, höre ich oft als Antwort: „Gott ist Liebe.“ Das kommt dem, was man Buddha-Natur nennt, sehr nah, denn es bedeutet Verbundenheit. Liebe heißt, wirklich verbunden und nicht egozentrisch zu sein, sich nicht von den andern getrennt oder entgegengesetzt zu erleben, sondern sich mit ihnen solidarisch zu fühlen.

Selbst wenn Buddhisten nicht an Gott glauben, ist für Buddhisten Mitgefühl, die universelle Liebe, der allgemeine Wert. Weil wir Buddhisten die Wirklichkeit in ihrem Grund erfahren, realisieren wir in der Zazen-Praxis eine Erfahrung, die uns zu der Dimension der Solidarität mit allen Wesen öffnet. Wir sind mit dem, was wir erleben, den Christen sehr nahe. Auch sind die Gebote im Zen den Geboten des Christentums sehr nahe. Einige sagen, dass Jesus ein großer Bodhisattva war. Er hat sein Leben der Rettung aller Wesen gewidmet, was der Ideal-vorstellung des Mahayana sehr nahe kommt.

Ich denke, dass die großen Religionen wie Christentum und Zen-Buddhismus sich in dem, was in der Praxis erlebt wird, sehr nahe stehen. Aber wenn man aus seiner Erfahrung eine spiritu-elle Theorie machen möchte, wird es oft komplizierter. Wenn sich zum Beispiel ein Buddho-loge und ein Theologe begegnen, wird es kompliziert. Aber ein Zen-Praktizierender und ein betender Christ können durchaus gemeinsam praktizieren und sich sehr nahe fühlen.

Warum stellst du diese Frage? Glaubst du an Gott?

Ich glaube an beides.

Du hast Recht. So wirst du dich nicht verlieren. Du umfasst Gott und Buddha. Meister Deshi-maru hat sehr oft gesagt: „Gott ist Buddha“. Er benutzte manchmal den Ausdruck ‚Gott-Buddha’ mit einem Bindestrich dazwischen. Eines Tages nahm er in einem Benediktinerkloster an einer Messe teil. Dort stand er spontan auf und ging zur Kommunion, und der Priester gab ihm ohne zu zögern die Kommunion. Einige waren schockiert, er wäre doch kein Christ, er müsse doch erst beichten. Aber letztendlich war der Priester völlig i shin den shin mit Meister Deshimaru und jenseits aller Kategorien. Das war wahre Kommunion, wahre Verbundenheit.

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Ist das, was uns unterscheidet, die Buddha-Natur? Oder ist es unser persönliches Karma? Was versteht man unter persönlichem Karma?

Unsere Geschichte unterscheidet uns voneinander. Wir alle haben Erfahrungen gesammelt, die dazu führen, daß wir die Realität durch bestimmte Filter sehen. Diese Subjektivität ist etwas sehr Geheimnisvolles. Auch wenn ich mich bemühe, dir so nahe wie möglich zu sein, werde ich niemals die Dinge ganz genau so empfinden, wie du sie empfindest. Man muß diesen Unterschied respektieren, die Tatsache, daß jeder völlig aufgrund der Unterschiede in unseren Geschichten einzigartig ist. Das ist die Basis dafür, nicht intolerant zu sein.

Im Allgemeinen wollen wir, daß die anderen genauso denken, fühlen und handeln wie wir, aber die anderen sind nicht wir. Diesen grundlegenden Unterschied muß man akzeptieren, ausgehend von unserer vergangenen Geschichte, unserem Karma und seinen Konsequenzen. Es ist sehr wichtig, die andern zu akzeptieren. Dies setzt zugleich unserer Vorstellung Grenzen, daß wir den anderen verstehen können.

Zu sagen ‘Ich verstehe dich’, bedeutet letztlich, eine Person nicht zu respektieren. Es bedeutet, diesen Teil des Geheimnisvollen im anderen, der anders ist, nicht zu akzeptieren. Dieser Gesichtspunkt wird im Zen wenig unterwiesen, ich halte ihn aber für sehr wichtig.

Es gibt einen andern Aspekt dieser Realität des Ich: Selbst wenn wir alle eine einzigartige Geschichte haben, teilen wir dennoch grundlegend dieselben Lebensbedingungen. Man kann nicht auf diese Individualität, auf diesen Unterschied reduziert werden. Man ist völlig verschieden, kann sich aber zu keinem Zeitpunkt aus der Gemeinschaft mit den anderen herausziehen, steht ständig in Beziehung zu anderen. Dieses In-Beziehung-Sein unseres Egos ist die Buddha-Natur.

Wie unterschiedlich wir auch sein mögen, wir sind ständig verbunden und ungetrennt. Dieser Zustand ohne Trennung umfaßt unsere Einzigartigkeit und die Teilhabe an einem universellen Seinszustand, der weit über Solidarität mit anderen Menschen hinausgeht: Diesen Zustand teilen wir auch mit Pflanzen, Tieren und sogar mit Flüssen und Bergen. Mit allen Wesen, nicht nur mit den Menschen, nicht nur mit den lebenden Wesen.

Üblicherweise sieht der Mensch durch den Filter seiner Subjektivität, seiner Geschichte, nur die Differenz. Das führt zu verschiedenen Arten von Spannungen und Gegensätzen, von Egoismus und Intoleranz. Die ganze Menschheitsgeschichte ist voll davon. Es fehlt die Entwicklung des anderen Aspektes, dessen was man im Buddhismus die Buddha-Natur nennt.

Das ist die grundlegende Unterweisung des Zen: Wir sind zur gleichen Zeit unterschiedlich und identisch. Man muß beide Seiten sehen. Das wird zum Beispiel im Sandokai betont, einem fundamentalen Text unserer Soto-Tradition.

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Ich habe in älteren Kusen von dir gelesen, dass Bewusstsein abhängig von Erscheinungen ist. Ich möchte wissen, ob ein klares Bewusstsein mit der Buddha-Natur gleichzusetzen ist.

Nicht wirklich. Die Buddha-Natur ist die Existenz selbst. Sie ist die wahre Natur aller Existenzen, der Existenzen in gegenseitiger Abhängigkeit. Alles, was existiert, existiert in Beziehung. Diese Existenz in gegenseitiger Abhängigkeit ist die Buddha-Natur, das heißt eine Existenz ohne Substanz, ohne Ego, die Existenz, so wie sie ist, das heißt nur Beziehung. Das Bewusstsein ist ein Teil davon. Das Bewusstsein ist Buddha-Natur, genauso sie wie Vögel Buddha-Natur sind, wie du Buddha-Natur bist. Genau deswegen, weil das Bewusstsein nicht allein existiert. Es existiert in Abhängigkeit von den Objekten, derer man bewusst ist. Wenn es keine Objekte gäbe, gäbe es kein Bewusstsein.

Genauso so: Wenn es keine Erscheinungsformen gäbe, gäbe es auch keine Buddha-Natur. Die Buddha-Natur ist die wahre Natur der Erscheinungsformen. Ebenso gibt es keine Leerheit ohne Erscheinungsformen. So ist die Wirklichkeit. Nichts existiert allein, unabhängig. Das nennt man die Buddha-Natur.

Da auch wir das sind, kann man sagen, dass in jedem die Buddha-Natur existiert. Aber das heißt nicht, dass in jedem von uns ein Samenkorn liegt, sondern dass unsere ganze Existenz nichts anderes als Buddha-Natur ist. Die Buddha-Natur ist nicht die tiefe Natur der Existenz, nicht etwas, das versteckt ist wie ein Kern im Innern einer Frucht. Die Haut, das Fleisch, die Knochen, der Kern – alles ist Buddha-Natur. Nichts kann der Buddha-Natur entkommen. Die Buddha-Natur schließt nicht nur alles ein, sie ist alles. In der Tiefe der Praxis geht es darum, dies zu verwirklichen und zu sehen, klar zu sehen.

Dies hat Buddha gesehen, als er im Zazen den Morgenstern sah. Und um es auszudrücken, hat er gesagt: „Ich habe das Erwachen mit allen Wesen erlangt.“ Alle haben sich danach auf das Erwachen konzentriert, darauf, dass Buddha das Erwachen verwirklicht hat. Aber das ist nicht der wichtige Punkt. Das Wichtige ist „mit allen Wesen“. Seine Existenz mit allen Wesen, dazu ist er erwacht.

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Es heißt, dass alle Menschen bzw. alle Lebewesen die Buddha-Natur haben. Bei einigen Lebewesen ist es für mich schwierig, das zu glauben. Vor allem dann, wenn ich mit ihnen konfrontiert werde. Zum Beispiel kann ich einem Tiger nicht begreiflich machen, dass er die Buddha-Natur hat. Das passiert mir auch im Umgang mit Menschen.

Menschen erscheinen dir dann zum Beispiel zu aggressiv.

Ja, und ich reagiere nicht Buddha-Natur gerecht. Im Nachhinein sehe ich die Buddha-Natur dann auch irgendwann, aber zuerst reagiere ich erst einmal. Das ist manchmal nicht sehr erfreulich für beide.

Ja, das stimmt.

Wann hast du angefangen, mehr die Buddha-Natur zu sehen als das Äußere des Menschen.

Auf die Frage nach dem Wann kann ich nicht antworten. Außerdem ändert sich das.

War es nicht immer so, wie jetzt ist?

Nein, das ist ein Prozess.

Ist es dann mein kaputtes Ego, das da reagiert?

Ja, klar.

Auch mit dem Tiger?

Die Frage, ob der Tiger die Buddha-Natur hat oder nicht, stellt sich nicht, wenn du Gefahr läufst, gefressen zu werden. Für den Tiger ist es natürlich, dich zu fressen. Wenn er Hunger hat, frisst er, was er fressen kann. Selbst wenn er dich verschlingt, ist es im Grunde seine Buddha-Natur, die dich verschlingt. Beim Tiger ist Aggressivität keine Täuschung, sondern natürlich. Es handelt sich nicht einmal um Aggressivität. Es ist sein vitales Bedürfnis sich zu ernähren.

Bei Menschen wird Aggressivität häufig durch die Anhaftung an das Ego stimuliert. Das ist also eine Täuschung und ein Gift. Das bedeutet nicht, dass Menschen, die eine aggressive Haltung einnehmen, keine Buddha-Natur haben, sondern dass ihre Buddha-Natur durch die Täuschung verdeckt ist. Wenn du auch in einer solchen Situation darauf vertraust, dass alle Menschen Buddha-Natur haben, und ruhig reagierst, gibst du dem anderen die Gelegenheit, seinen Geisteszustand zu ändern und Vertrauen zu seiner eigenen Buddha-Natur zu finden. Aber ich glaube, dass du selbst in Berührung mit deiner eigenen Buddha-Natur sein mußt, nicht nur mit der des anderen.

Das ist schwierig, wenn man leidet. Du warst schwer krank. Ich stelle mir vor, dass es in Zeiten schwerer Krankheit sehr schwierig ist, einen ausreichend ruhigen Geist zu haben. Aber es ist das Beste, was du tun kannst. Wenn das Leben aggressiv gegen dich ist, die Krankheit aggressiv gegen dich ist, Leiden bringt, kannst du versucht sein, mit Wut zu reagieren, mit einem Gefühl von Ungerechtigkeit: ‚Warum passiert das ausgerechnet mir?’ Wenn das geschieht, stört es den Kontakt mit unserer wirklichen Buddha-Natur.

Ich glaube, dass es weniger um die Beziehung zu anderen geht. Du musst in dir selbst den Frieden des Geistes finden. Wenn du diesen inneren Frieden findest, kannst du ihn um dich herum verbreiten und so die Aggressivität der anderen entschärfen. - Buddha selbst hatte einen so großen inneren Frieden, dass es ihm gelang, die Aggressivität wilder Tiere zu besänftigen. Zum Beispiel war Devadata, sein Cousin, eifersüchtig auf Buddha und hat einen wilden Elefanten auf ihn gehetzt. Aber als der Elefant vor Buddha ankam, hat Buddha nur eine Geste gemacht und der Elefant hat Sampai gemacht. Ich glaube, selbst Tiere spüren diesen inneren Frieden.

Das ist ein weiter Weg.

Ja. - Gute Reise!

 


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