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Fragen und Antworten

BEGIERDEN

Du hast von Meister Hyakujo gesprochen und von seiner Unterweisung zu schlafen, wenn man müde ist, und zu essen, wenn man hungrig ist. Das machen wir nicht. Ich frage mich, warum dieser Satz im Zen so berühmt ist. Ich habe den Eindruck, dass man versucht, das Gegenteil zu praktizieren: nicht seinen Neigungen und Gelüsten zu folgen.

Es ist ein Unterschied, seinen Begierden und Gelüsten zu folgen oder seinen Bedürfnissen. Es ist natürlich zu essen, wenn man hungrig ist. Dabei gibt es keine Bonnos, keine Illusionen, keine Anhaftungen. Auch müde zu sein und zu schlafen ist ganz natürlich. Buddha und Bodhidarma gingen schlafen, wenn sie müde waren.

Begierden sind etwas anderes. Begierden sind der Versuch, durch die Befriedigung der Bedürfnisse etwas zu erlangen. In der Begierde gibt es die Bestätigung eines Egos, das Dinge sucht, die es zu erlangen gilt, um sich zu bestärken. Begierden werden als Bonno angesehen, als Quelle von Illusionen, aber nicht Bedürfnisse.

In der Zen-Praxis werden die natürlichen Bedürfnisse akzeptiert. Buddha hat den Weg der Mitte unterwiesen. In einer Sangha, einer Gruppe, muss man Uhrzeiten festlegen. Da ist es schwierig zu essen, wenn man hungrig ist, und zu schlafen, wenn man müde ist.

Das erscheint mir seltsam, denn es heißt, dass es Meister Hyakujo war, der im Tempel Regeln eingeführt hat. Ausgerechnet er sagt so etwas.

Ich glaube nicht, dass Regeln im Gegensatz zur Freiheit stehen. Wenn man daran gewöhnt ist, regelmäßig zu essen und nur so viel zu essen, wie man braucht, um seinen Hunger zu stillen, aber nicht mehr, wird man ganz natürlich in dem Moment hungrig sein, wenn es die Mahlzeiten gibt. Da stellt sich ein Rhythmus ein. Für die Müdigkeit gilt das gleiche.

Wenn man z.B. während Zazen müde ist, ist es nicht unbedingt gut, gegen die Müdigkeit anzukämpfen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn man während Zazen müde ist, es manchmal besser ist, Hyakujo zu folgen und in Zazen zu schlafen. Wenn man das macht, stellt man fest, dass sich innerhalb weniger Sekunden das Gehirn ändert. Ist man ein paar Augenblicke eingeschlafen, dauert es nur ein paar Augenblicke und der Oberkörper neigt sich nach vorne und man wacht auf. Dass man die Müdigkeit akzeptiert hat, schafft neue Energien.

Beim Hunger ist das heikler. Es ist nicht gut, zwischen den Mahlzeiten zu essen. Wenn man zwischen den Mahlzeiten isst, dann nicht unbedingt, weil man Appetit hat. Man isst oft zwischen den Mahlzeiten, weil man frustriert ist. Man ist unzufrieden und geht daraufhin zum Kühlschrank und sucht etwas. Oder man isst Schokolade. Hier wird nicht unbedingt ein natürliches Bedürfnis befriedigt, eher wird etwas kompensiert. Lässt man diese Essenslust vorbeiziehen, stellt man oft fest, dass man eigentlich gar keinen Hunger hatte.

Die Unterweisung von Hyakujo zeigt vor allem den Weg eines einfachen Lebens. Es ist viel einfacher und viel eher in Einklang mit der kosmischen Ordnung, zu essen, wenn man Hunger hat, und schlafen zu gehen, wenn man müde ist, als zu praktizieren und etwas Ausserordentliches zu er warten, das Satori, das Nirvana.

Nicht nur Hyakujo hat auf diese Weise geantwortet, auch Joshu: "Was ist die Essenz des Zen?" - "Gehe deine Schale waschen." Es geht darum, die Krankheit des Geistes zu heilen, die metaphysische Dinge projiziert, die zur Quelle von Komplikationen und Begierden werden. Ziel der Unterweisungen von Hyakujo und Joshu ist es, alle geistigen Konstrukte und Projektionen zu durchtrennen und uns zurück zu bringen zum gegenwärtigen Augenblick.


 

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