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Fragen und Antworten

 

INNERE STIMME

 

Du hast einmal gesagt, dass das Bestreben des Menschen nach Selbstverwirklichung ein falscher oder kritischer Weg ist.

Das steht einfach im Zusammenhang mit dem, was man 'Persönlichkeits-Entwicklung’ nennt. Dies ist eine Ideologie, die die Entwicklung des Egos fördert. Oft geht es nur darum, seine Wünsche zu entdecken und den Weg zu finden, um sie zu erfüllen. Was man da 'Persönlichkeits-Entwicklung’ nennt, ist eigentlich die Entwicklung des Egos. Viele Menschen verwechseln das mit einem spirituellen Weg.

Ist es denn falsch, sich selbst zu suchen und auf seine eigene innere Stimme zu hören?

Das hängt davon ab, was deine innere Stimme dir sagt. Wenn deine innere Stimme dir sagt, dass der Schlüssel zu deinem Glück das Erfüllen all deiner Wünsche ist, was ist dann dein vordringlicher Wunsch? 'Ich möchte im Beruf erfolgreich sein und Vorgesetzter werden.’, 'Ich will Erfolg in der Liebe haben, diese Frau erobern.’, 'Ich will diese Dinge bekommen.’, usw.. Wenn deine innere Stimme dir derartige Wünsche zuflüstert und du ihr folgst, kannst du große Schwierigkeiten bekommen.

Wir können unserer inneren Stimme nicht völlig trauen, weil wir konditionierte Wesen sind. Wir sind von unserem vergangenen Karma und von der Gesellschaft konditioniert. Von manchen Wünschen denkt man, dass es eigene Wünsche sind, aber wir sind einfach Menschen unserer Zeit, das heißt, wir teilen mit den anderen die gleichen Illusionen. Das beeinflusst uns. Man wird von den anderen beeinflusst und möchte sein wie sie, möchte den gleichen Erfolg haben oder ähnliches. Dann denkt man sich: 'Meine innere Stimme sagt mir das.’ Aber ist es wirklich 'meine innere Stimme’? Was ist 'meine innere Stimme’?

Die innere Stimme kann auch das verdrängte Unterbewusstsein sein. Vieles vermischt sich im Innern. Es ist nicht einfach herauszulesen, was richtig ist. Daher glaube ich, dass es nützlich ist, sich mit der Unterweisung eines spirituellen Weges zu konfrontieren. Sie ermöglicht einem, eine erhöhte Sichtweise zu bekommen und sich in eine Art Selbstkritik zu begeben, zu kritisieren, was man für seine innere Stimme oder seinen inneren Meister hält, um zu überprüfen, ob es sich nicht um die Stimme eines Dämonen handelt.

Wenn du deine innere Stimme nicht überprüfen willst, riskierst du, in Gefahr zu gelangen. Danach lehrt dich das Leben. Wenn du auf die Nase fällst, fängst du an zu verstehen, dass du dich getäuscht hast, dass es keine gute innere Stimme war, dass du ihr besser nicht gefolgt wärst. Man kann natürlich auch aus Erfahrung lernen, aber das Leben ist kurz. Daher ist es manchmal gut, nicht zuviel Zeit damit zu verlieren, seinen Illusionen zu folgen. Daher wendet man sich an bestätigte spirituelle Wege, die auf der Erfahrung zahlreicher Generationen von spirituellen Meistern beruhen, denen man in gewisser Weise vertrauen kann, jedenfalls mehr als seiner kleinen persönlichen Erfahrung. Das machen die Menschen, die den Weg suchen. Aber offensichtlich suchen nicht alle den Weg, die Mehrheit jedenfalls nicht.

Und du? Warum stellst du diese Frage?

Weil sie mich beschäftigt. Weil ich versuche, meinen Weg zu finden.

Deinen Weg wohin? Ein Weg ist dazu da, um irgendwo hin zu gelangen. Wo willst du hin?

Ein Weg ist dieser hier, dass ich hierher komme.

Warum bist du hergekommen?

Weil ich mich hier wohl fühle. - Aber das Leben besteht nicht nur aus Buddhismus. Es gibt noch andere Dinge, die man machen möchte, außerhalb der Arbeit zum Beispiel. Irgendwie muss man sich entscheiden und sich fragen: 'Was will ich wirklich?’

Ja, sicher. Also stelle dir diese Frage.

Die Äußerung hat mich irritiert, dass dieses Bestreben nach Selbstverwirklichung, die Suche nach seinem Weg gleichzusetzen sei mit der Entwicklung des Egos.

Das Risiko besteht. Aber es stimmt, dass der Weg dein Weg werden muss. Also musst du von einem bestimmten Moment an entscheiden, ihm zu folgen. Kein anderer kann das an deiner Stelle tun. Du musst nachdenken, wirklich fühlen, was wichtig für dich ist, welchem Weg du folgen willst, um wo anzukommen, und dich dann darauf konzentrieren. Kein anderer kann das für dich tun. Das ist ganz klar. Aber ich rate dir aufzupassen, welchen Weg du wählst, um wohin zu gehen. Sei dir klar darüber, dass bei dem, was man ‚Selbstverwirklichung’ nennt - damit hat deine Frage begonnen, der Weg und das Ziel, die vorgeschlagen werden, die Möglichkeit haben, die egoistischen Wünsche zu realisieren. Sich selbst zu entwickeln heißt im Allgemeinen, seine eigenen Wünsche zu befriedigen, die unzählbar sind. Da kann man immer welche finden.

Anderen Menschen zu helfen kann auch das Ziel sein.

Ja. Aber wenn das bedeutet, anderen zu helfen ihre eigenen egoistischen Wünsche zu erfüllen, dann teilt man nur eine Illusion.

Weil ich auch Psychotherapeut bin, habe ich an Lehrgängen über Selbstverwirklichung teilgenommen. Ich kenne das gut. Ich kenne die Ideologie, die in diesen Kreisen herrscht, gut. Für mich ist das eine große Illusion. Sie führt nicht zum wahren Glück und zur wahren Befreiung. Man schüttelt nur einmal die Wünsche gut durch, was einem eine vorübergehende Hoffnung gibt: 'Jetzt weiß ich, was ich im Leben machen möchte. Das ist jetzt mein Ziel. Ich werde mit Malerei beginnen. Ich werde dies oder jenes tun.’ Es wird zu einem neuen Wunsch, einem neuen Objekt, auf das man sich konzentriert, und nach einer Weile ist man oft enttäuscht: 'Das war es nun doch nicht wirklich.’ Man hat sich nicht die Zeit genommen, den Mechanismus des Wünschens in Frage zu stellen.

Das Problem ist nicht, das richtige Objekt zu finden, um den richtigen Wunsch zu erfüllen. Davon gibt es unendlich viele, unendlich viele Wünsche und unendlich viele Objekte. Aber der Mechanismus ist immer derselbe: Man wird von etwas abhängig, das man glaubt erlangt zu haben, mit dem man sich identifiziert. Man nimmt an, dass man endlich von dem Eindruck erleichtert ist, dass immer etwas fehlen würde, dass man ständig unzufrieden ist. Dass ist ein großer Irrtum. Man ist der Frage nicht auf den Grund gegangen. Alle Ideologien der Selbstverwirklichung wollen nicht, dass man dieser Frage auf den Grund geht, weil sie dann in sich zusammenfallen würden.

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